Frage!

Frage!

Elektropost vom 23.08.2019

Ich hab da mal ne Frage.

Kann es eigentlich sein, dass sich die Menschheit trotz, oder gerade wegen Digitalisierung, Automatisierung, Globalisierung auf dem direkten Weg zurück in die Steinzeit befindet?

Ich meine damit noch nicht einmal die Wiederkehr von Stammesdenken, Rassenideologien und Führerkult. Sowas kommt wohl immer in Zyklen und geht dann meist so lange bis alles in Schutt und Asche liegt und alle heulen. Aber dann freut sich die Bauwirtschaft. Darum geht es mir heute gar nicht. Obwohl!?.... ein bischen Totalitarismuskritik ist schon mit dabei...

Ist die Steinzeit aber vielleicht sogar die bessere Option im Vergleich zu unserer durchsystematisierten Oberfläche? Oder bin ich nur der personifizierte Benutzerfehler und gehöre daher in Quarantäne?

Mit Paketdiensten haben wir ja schon so Einiges erlebt. Aber ein derzeitiger Fall toppt alles. Ich vergebe auf Anfrage auch gern die Filmrechte.

Seit mittlerweile drei Wochen warten wir auf eine Sendung eines holländischen Lieferanten. Aus Erfahrung weiß man, dass dies innerhalb von 2-3 Tagen erledigt sein sollte. Das Paket wurde am 1. August aufgegeben. Da es am 6. August immer noch nicht da war nutzte ich als Empfänger die "neue Freiheit" auf der wunderbar komfortablen Website des mit der Zustellung beauftragten deutschen Paketdienstes, den ich hier nicht namentlich nennen möchte. Zunächst entdeckte ich, dass sich das Paket im Depot in Augsburg befindet. Es wird aber nicht ausgeliefert, weil es mit dem Vermerk "Empfänger im Urlaub" versehen wurde. Nun erzähle ich ja gern jedem Menschen stets und in Dauerschleife, dass ich seit 35 Jahren Urlaub mache. Vielleicht hat sich das mittlerweile herumgesprochen. Von mir kam diese Info aber nicht. Ich denke, sie stammt von einem arbeitsunwilligen Zusteller. Für den Arbeitsunwillen hege ich sogar Sympathie. Nun: halb so wild, dachte ich mir, denn nach etwas Herumstochern auf der Website entdeckte ich eine Funktion, mit der man als Empfänger einen gewünschten Zustelltermin eingeben konnte. Ich wählte die nächstmögliche Option: 7. August 2019. Diese fantastische Zustellfunktion wird mir seither in der Warteschleife der telefonischen Hotline zum auswendig lernen immer und immer wieder vorgebetet. Hot an dieser Hotline ist übrigens folgendes: Meine Körpertemperatur steigt, weil mir das Blut kocht und ein Akku eines unserer Telefone ging auch bereits in die Knie, nachdem ich mittlerweile fast vier Stunden meines Lebens in dieser Warteschleife verbracht habe. Über die dort dargebotene positive und lebensbejahende Musik hülle ich mich lieber in Schweigen. Ich denke derzeit sehr häufig an Michael Douglas in "Falling Down", aber ich reisse mich ja zusammen. Nun, was sagen die Mitarbeiter, wenn man sie anmailt: gar nichts. Nicht eine Reaktion auf mittlerweile unzählige Mails. Ans Telefon bekommt man mit Mühen nur Mitarbeiter, die für ganz Deutschland zuständig sind und auch nicht einfach mal so dieses Paket nehmen und auf den LKW Richtung LL werfen könnten. Ich erfahre stattdessen, dass ich ja im Urlaub bin und daher keine Zustellwünsche äussern kann. Ob sie mittlerweile begriffen haben, dass wir gar nicht im Urlaub sind, weiß ich bis heute nicht. Denn mit diesem Paket passiert weiterhin nichts. Fahrer dieses Paketdienstes bringen aber fast täglich andere Pakete. Nur nicht dieses. Es versauert weiter in Augsburg. Befragt man einen der Fahrer hört man in etwa diese Antwort: "Ich neu! Keine Ahnung!" ...Klare Kommunikation, schon seit der Steinzeit bewährt!

Ich werde heute zum ingesamt siebten Mal versuchen anzurufen und mir wieder die endlosen Vorteile der Predict-Funktion und Wunschzustellung per Internet anhören und hoffen, dass der Akku nicht wieder schlapp macht. Wenn man also heute nicht durchkommt bei uns. Sie wissen Bescheid. Alle, die auf Platten warten, die in dem Paket sind, bitte ich, um mit den Worten des Paketdienstes zu sprechen, "...um einen kleinen Moment Geduld, wir sind gleich für Sie da!"

Nun, es braucht ja immer einen Schludigen. Früher war das der Herr Sittich. Aber auch der wurde wegrationalisiert. Für die Situation im Versandhandel, die sklavenartigen Arbeitsbedingungen, den Stress und die Hektik, die "Servicefunktionen" in diesem Metier, gibt es schon einen Hauptangeklagten und zwar den Marktbeherrscher, und der heisst Amazon. Ein Unternehmen, das alles im Sinne der Kunden entscheidet. Der Kunde muss zufrieden sein. Am besten so zufrieden, dass Amazon sagen kann, womit er zufrieden sein soll. Das ist das Ziel! Paketdienste und Mitarbeiter sind keine Kunden. Auf die kann man pfeifen, solange man herrscht und teilt...
Am 2. September erscheint der Roman "The Store" (englisch: "The Warehouse") von Rob Hart. Nicht zu verwechseln mit dem Roman von James Patterson "The Store" zum selben Thema, den es leider immer noch nicht auf deutsch gibt. In beiden Fiktionen kann man viel über die Realität lernen.

Wussten Sie eigentlich, dass Verkäufer, die die Amazon Marketplace-Plattform nutzen es hinnehmen müssen, wenn sie von Kunden schlecht bewertet werden, weil der Zustelldienst das Paket falsch, verspätet oder nicht zustellt? So eine Bewertung kann der Händler bei Amazon nicht löschen lassen. Es sei denn, und jetzt kommt's: er versendet nicht selbst, sondern nutzt das sogenannte Fulfillment von Amazon und schickt die Ware zuvor an Amazon und Amazon versendet an den Kunden. Auch da gibt's natürlich immer wieder Zustellprobleme. Aber in diesen Fällen muss dann geschwiegen werden. Das Einlagern bei Amazon kostet natürlich extra, muss ich nicht noch erwähnen, oder?

Trotz alledem oder gerade deswegen freuen wir uns auf Maxi Pongratz am Montag, 9. September um 19.30 Uhr hier bei uns im Laden. Er hat ein analoges Akkordeon im Gepäck und um dabei zu sein, muss man keine Hotline anwählen. Es reicht einfach die Hand zu heben, so dass wir es mitbekommen. Noch sind ein paar Plätze frei. Das wird aber sicher nicht so bleiben. Denn wir wissen, dass sich viele freuen den Maxi mal wieder in persona erleben zu können. Für viele sicher das erste Mal seit sich Kofelgschroa aufgelöst haben...