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Elektropost vom 11.02.2022

Man sollte mehr lesen. Vor allem jetzt, da die Leipziger Buchmesse wieder abgesagt wurde. Diesmal nicht "wegen Corona", sondern weil die grossen, marktbeherrschenden Verlage wie Random House oder Bonnier es sich weder wirtschaftlich noch personell leisten können, daran teilzunehmen. Ein interessantes betriebswirtschaftliches Paradoxon, das sich schon durch die ganze Pandemie zieht. Während die Kleinen sich irgendwie durchbeissen, schaffen die Grossen nicht mal eine Woche Lockdown ohne Weltuntergang. Aber was will man machen, ausser mehr Mitleid bitteschön. So erschliesst sich dann auch die Politik von Bundes- und Landesregierungen, die da stets dem Motto folgt: "Aber bist Du ein Konzern, so helfen wir Dir gern...!"

Wer sich schonmal gefragt hat, warum es bei uns so ganz anders ausschaut wie in der Bahnhofsbuchhandlung, hier kommt die Auflösung des Rätsels. Wir führen zum allergrößten Teil Bücher kleiner unabhängiger Verlage. Ich entschuldige mich hiermit in aller Form für diesen Irrweg.

Und empfehle gleichzeitig ein Buch, das ich statt des neuesten Anti-Bauchfett-Ratgebers gelesen habe (mea culpa!) und mir sehr gefallen hat. Es stammt vom kleinen Wiener Zsolnay-Verlag, der so unbekannt jetzt auch nicht mehr ist, genauso wie der Autor, den ich ganz fabelhaft finde... Das Buch erschien bereits letztes Jahr, und wir haben es auch schon ganz gut verkauft. Aber mein Gott, es ist seither sicher nicht schlechter geworden, und ich kann ja auch nichts dafür, dass der Tag nur 24 Stunden hat...

Franzobel - "Die Eroberung Amerikas"

Vorsicht! Was hier als vermeintlich historischer Roman des österreichischen Autors rüberkommt, entpuppt sich als weit mehr als das! Die Story basiert auf der Geschichte von Hernando de Soto (bei Franzobel: Ferdinand) und seinen Konquistadoren. Sie waren die ersten Europäer, die 1538 bis 1542 ins Landesinnere der heutigen USA vordrangen. Dabei hinterließen sie eine Spur der Verwüstung. In seiner hauseigenen Gegenwartssprache, die mir beim Lesen die Freudentränen ins Auge spült, gerät das Buch zu einer schonungslosen Abrechnung mit der Krone der Schöpfung als solcher, im Besonderen mit den Überlegenheitsfantasien der westlichen Kulturen. Auch die "Eingeborenen" kommen - bei allem Unrecht das ihnen angetan wurde - allerdings auch nicht ungeschoren davon. Nirgendwo ist ein Held von klarem Verstand und unbestechlicher Moral in Sicht. Um es im Wienerischen zu sagen: ois Trotteln! Geltungssucht, Gier und Neid sind die Triebfedern dieser gottesfürchtigen Helden. Die Parallelen zur Gegenwart sind mehr als unübersehbar. Einerseits hält sich Franzobel an historisch verbriefte Fakten, anderseits fantastiert, überspitzt und karikiert er und macht das Buch trotz des niederschmetternden Themas zur wahren Freude. Wir empfehlen "Die Eroberung Amerikas" auch statt 90% des Geschichtsunterrichts. Wer es liest, bekommt einiges erklärt. Wenigstens aber die Grundlagen der "Wirtschaft" und der "Globalisierung"! Grandioses Buch!

Als Soundtrack dazu hören wir Neil Young mit "Cortez The Killer".

Mehr neue Musik des Jahres 2022? Wie wär´s zum Beispiel damit?

Delvon Lamarr Trio - Cold As Weiss
Hier wohnt der Groove. Seit Jahren Lieblinge des Hauses mit ihrem funky Hammond Soul-Jazz. Jetzt mit neuem Drummer und neuer Scheibe. Und bald auch (hoffentlich) im Stadttheater, sofern die Deutschlandtour stattfinden kann. Derzeit sieht es gut aus. Save the Date: Freitag, 29.04.2022

Herbert - Musca
Für Elektroniker Herberts Verhältnisse ein eher introvertiertes Werk (pandemiebedingt?) Musca bedeutet Stubenfliege und der Fokus des Album liegt wohl eher auf der Beobachtung derselben denn auf dem Nervigkeitsfaktor, denn das Album kommt recht gechillt daher. Als Gast an Bord u.a. Y'akoto.. CD und Vinyl

Big Thief - Dragon New Warm Mountain....
Big Thief mausern sich so langsam vom Geheimtipp zur Supergroup. In einer besseren Welt oder noch vor 10 Jahren wären sie vielleicht jetzt schon so populär wie R.E.M. es einst waren oder Coldplay. Nicht, das sie diese Bands kopieren würden, sie haben ihren sehr eigenen Sound und genau das macht sie groß! CD und limitiertes farbiges Doppel-Vinyl für die Indiestores

Jazz Butcher - Highest In The Land
"Mr Jazz Butcher" Pat Fish ist leider im letzten Jahr verstorben. Die Aufnahmen zu diesem Album hat er noch abschliessen können, das Ende vor Augen. Es ist trotzdem kein düsteres Werk geworden. Im Gegenteil, ein ganz grosser Abschluß eines beachtlichen Gesamtwerks. CD und Vinyl

Imarhan - Aboogi
LP und CD. Grooviger "Desert Blues" aus Algerien

Noch mehr wie immer im Discy Gemeindebau

Nächste Woche dann auch mehr Details zu den Plänen für Live-Musik im Stadttheater. Es stehen ausser Delvon Lamarr noch einige echte Highlights an. Stay tuned...

und weil's wichtig ist nochmal unsere Taktik: Wir spielen aus einer festen Defensive und schicken unsere Spitzen steil. Das heißt auf deutsch:

Der Laden ist geöffnet:

Freitag 10:00 bis 18:00 Uhr

Samstag 9:30 bis 18:00 Uhr

Mittwoch 10:00 bis 14:00 Uhr

Donnertag 14:00 bis 18:00 Uhr.


Darüberhinaus stehen wir nach vorheriger Anmeldung/Vereinbarung zur Verfügung und bleiben (fast) rund um die Uhr telefonisch oder per Mail erreichbar. Die Versandabteilung hat weiterhin gern und reichlich zu tun...

Wir sehen uns!