Kein Corona für den Hamster

Kein Corona für den Hamster

Elektropost vom 06.03.2020

Die letzten Tage und Wochen waren für uns Menschen voller Erkenntnisgewinn. Das Leben ist nicht ganz ungefährlich. Es kann krank machen und man stirbt sogar daran. Für all diejenigen, die diese Erkenntnis erstmals und mit voller Wucht erreicht ist das ein harter Schlag. Andererseits sei auch die Frage erlaubt, warum wir eigentlich alle so eine Riesenangst vorm Sterben haben. Diese Frage stellte der 80-jährige John Cleese auch in München im Rahmen seiner Tour "Last Chance to see me before I die!". Er konfrontierte sich und sein Publikum mit der Tatsache, dass beim Sterben, anders als beim Abitur oder der Führerscheinprüfung, ja wohl noch niemand durchgefallen sei. Bisher hat es definitiv jeder geschafft. Und wenn jemandem im Leben nichts, aber auch gar nichts gelingen wollte: das wird klappen!

Vorher kann man natürlich reichlich Hamsterkäufe tätigen. Bevor man nun aber dem Fachpersonal sämtliche Atemschutzmasken und Desinfektionsmittel wegkauft, schlage ich nicht ganz uneigennützig vor, die Hamsterkäufe auf Bücher, Schallplatten und dergleichen zu beschränken. Ein gutes Buch hält auch länger als eine Tiefkühlpizza. Und ich möchte ganz subjektiv hinzufügen: es schmeckt auch besser. Jedenfalls hält ein gutes Buch im Idealfall bis zum Tag des Ablebens - und das meine ich nicht gegenständlich, denn so ein Buch kann ja auch verbrannt werden (damit kennen wir Deutsche uns aus), aber es wird Teil von einem selbst.

Ein gutes Buch, das ich bisher total übersehen hatte und nun endlich gelesen habe, ist Lily Bretts Roman "Lola Bensky". Ein sehr autobiographischer Roman einer 1946 im Displaced Persons Camp in Feldafing geborenen Tochter jüdischer Eltern aus Polen, die beide Auschwitz überlebt hatten. Wenn man ausser Facebook, BILD Zeitung und Russia Today auch andere Informationsquellen nutzt, weiß man, dass die wenigsten Häftlinge Auschwitz überlebt haben. Und all diejenigen, die lebend herausgekommen sind, entrannen dem Wahnsinn nur um Haaresbreite und waren Zeit ihres Lebens traumatisiert. Die (teil-)fiktive Lola Bensky erzählt von ihren Eltern und wie sie ihre Traumata unbewusst an ihre Tochter weitergaben. Lola Bensky/Lily Brett wuchs in Australien auf und wurde in den Sechziger Jahren eher durch Zufall Musikjournalistin. Für ihr australisches Musikmagazin reiste sie nach London, New York oder Los Angeles und interviewte die damaligen heranwachsenden Größen der Rockmusik: Mick Jagger, Jimi Hendrix, Janis Joplin, Pete Townshend und so weiter und so fort. Der Roman ist eine großartig leicht und humorvoll daherkommende Geschichte mit dem ernstesten Hintergrund, den ein Buch haben kann: das Leben, die Menschen und all das Zeug, was damit zusammenhängt. Hier eine Kritik von jemand, der im Gegensatz zu mir was von Literatur und Kunst versteht.
Das Taschenbuch stellen wir gerne auch per Post zu und berühren es auf Wunsch nur mit Hilfe von Einmalhandschuhen.

Meine Recherchen zum Thema "Corona" führten übrigens zu keinem befriedigenden Ergebnis. Da ich ein großer Freund von Verschwörungstheorien bin, habe ich versucht herauszufinden, ob es nicht bereits eine Theorie gibt, die die Verbreitung des Virus mit der Bierindustrie in Zusammenhang bringt. Es liegt doch nahe, daß die jüdische Weltverschwörung dem mexikanischen Bierproduzenten Corona ans Leder will. Wahrscheinlich wird als erstes Gegenmittel Heineken in hohen Dosierungen verschrieben werden. Noch trau ich mich aber nicht, diese Verschwörungstheorie in die Welt zu setzen, da ich Angst habe wegen Copyrightverletzungen verklagt zu werden. Hat jemand sachdienlich Hinweise hierzu?

Neben Büchern kann auch eine gute Schallplatte das Leben bereichern, ja sogar verändern. Für die Vinyl-Gläubigen ist seit über einer Dekade der Record Store Day der höchste Feiertag des Jahres. Er findet, um nicht mit dem Papst konkurrieren zu müssen, in diesem Jahr eine Woche nach Ostern statt; das ist Samstag, der 18. April 2020. Seit gestern ist die Liste der Sonderveröffentlichungen online und hier einsehbar. Ich nehme ab sofort Wunschlisten entgegen und versuche wie immer mein Bestes, von dem ich natürlich nie versprechen kann, dass es auch gut genug sein wird.

Heute ist erstmals wieder der Discy Vinylfeiertag des Monats. 12x im Jahr, jeden ersten Freitag BLLACK FRIDAY bei uns. 10% auf Vinyllagerware. Dieser Tag eignet sich hervorragend für Hamsterkäufe. Die 10% greifen nur bei Barzahlung (womit wir skandinavische Kunden bewusst diskriminieren) oder EC-Karten Zahlung. Nicht bei Versand, Kreditkartenzahlung, Rechnungen... und auch nicht bei Kundenbestellungen. Tut mir leid, aber der Mensch braucht Regeln, sonst baut er nur Mist.

Morgen sehen wir uns bei Enders Room im Stadttheater Landsberg.

Vom Aufttritt der Bigband Dachau mit Jimi Tenor im vergangenen Herbst im Stadttheater soll nun eine CD produziert werden. Dazu findet derzeit ein Crowdfunding statt. Wer sich daran beteiligen möchte klicke bitte hier. Wer weiß, wenn genug zusammenkommt springt ja vielleicht auch noch eine Vinyl heraus. Wer keine Ahnung hat wovon ich hier schwadroniere, der klicke bitte darauf. Heute erschienen ist eine Werkschau der frühen Jahre 1994-2001 von Jimi Tenor, quasi "Best Of" namens NY,HEL,BARCA.

Wer sein Leben tatsächlich als Hamsterrad sieht und es auch durch die desinfizierenden Maßnahmen mit Hilfe von Büchern, Musik oder Filmen einfach nicht herausschafft, kann sich ja bei der Kommunalwahl in gut einer Woche ein paar Vertreter wählen, die bei der Befreiung mithelfen. Der Messias steht übrigens nicht zur Wahl, die Lage bleibt verworren und kompliziert. Das wir hier in Deutschland tatsächlich begriffen haben, worin die Stärken einer Demokratie liegen können, wage ich ehrlich gesagt zu bezweifeln. Denn ein nicht unerheblicher Teil der Bevölkerung schätzt hauptsächlich Dinge wie Allwissenheit und schnelle, einfache Lösungen für komplizierte Sachverhalte, und mag es gar nicht, wenn diskutiert wird oder man sich nicht einig ist in einer großen Koalition. Ich behaupte nun aber folgendes: wer meint, es gäbe auch nur einen Menschen auf der Welt mit dem man 100% übereinstimmt, sollte sich ernsthaft Gedanken über den eigenen Geisteszustand machen. Ein Zusammenleben funktioniert überhaupt erst über den Kompromiss, über Respekt und über Verantwortung.
Dazu noch ein gutes Buch: Billy Bragg - "Die drei Dimensionen der Freiheit"
Warum ausgerechnet die Kommunalwahlen immer die schwächsten Wahlbeteiligungen haben, leuchtet mir nicht ein. Denn mit welchem Recht beschwert man sich über die Probleme, die man tatsächlich vor der Haustüre lösen könnte, wenn man so gar kein Interesse daran hat wie und durch wen Lösungen herbeigeführt werden könnten. Der gemeine Österreicher hat dazu nur einen Kommentar übrig und der geht so: "Geht´s scheißen!"

An dieser Stelle verabschiede ich mich auch nun von den Lesern, die nicht in Landsberg wahlberechtigt sind und wünsche noch einen schönen Tag.

Für die Landsberger geht´s weiter mit einem Bild-und Tonmitschnitt der Podiumsdiskussion der vier OB Kandidaten in Landsberg: Doris Baumgartl, Felix Bredscheijder, Moritz Hartmann und Mathias Neuner.
Nun kann man berechtigter Weise sagen, dass diese vier gemeinsam haben, dass es keinem gelingen wird, Landsberg in das Paradies auf Erden zu verwandeln, aber ich möchte hinzufügen, niemand wird im Falle des Sieges Landsberg ins Verderben stürzen. Gleichwohl spielt die Musik dazwischen und jede(r) möge seine Entscheidung treffen. Diese Podiumsdiskussion wurde von der unabhängigen Stadtratsliste "Landsberger Mitte" organisiert, auf deren Webseite das ganze auch nachzuhören und -schauen ist.
Die Moderatorin schien sich bei dieser Veranstaltung gleichzeitig für das Amt der Mama Bavaria bewerben zu wollen. Möglicherweise weiß sie nicht, dass man dafür nicht gewählt wird. Der Herrgott persönlich vergibt diesen Posten. Tut mir leid... und nix für unguat!