Politics, Baby!

Politics, Baby!

Elektropost vom 25.06.2020

Nicht wenige fordern von mir mehr Kommentare zum politischen Geschehen in Landsberg. Nun ist es aber so, dass ich da nur selten Lust dazu habe und auf keinen Fall einen Senf absondern will, der vor mir vielleicht auch schon besser abgesondert wurde. Aber hin und wieder muss ich das machen, schlicht weil ich involviert bin oder weil es ein Thema ist, bei dem ich mir denke, a bisserl was weiß ich darüber auch. Die nicht-Landsberger werden möglicherweise bei folgendem Text nur Bahnhof verstehen und können daher auch weiterzappen. Aber es lohnt sich bis zum Ende zu lesen, denn außer einem Bahnhof kommt darin auch ein Flugplatz vor. Also auf geht´s:

Es wird in der Tat Zeit, dass in Landsberg das, was mein Lieblingsjournalist (jemand anders sagte Schreiberling, aber ich lege Wert darauf, dass ich mich selbst zu den Schreiberlingen zähle) ganz frisch in seiner wie häufig weitgehend kenntnisfreien, aber nicht minder belehrenden Art und Weise als Spuk bezeichnet, beendet wird und die Karten auf den Tisch kommen.

Wovon spreche ich? Im Jahre 2014 gab es viel Hoffnung, aber auch Befürchtungen im Hinblick auf das neue Stadtviertel "Am Papierbach" und es war viel die Rede vom urbanen Leben. Nun, da kann man ja viel darunter verstehen, man denke nur an die Banlieues von Paris. Die damalige Stadtbaumeisterin unternahm den Versuch, eine anonyme Wohnwüste zu verhindern, indem sie einen Prozess der Bürgerbeteiligung in Gang setzte, den der damalige OB Neuner wohl oder übel gut heißen mußte. Die Stadtbaumeisterin mußte kurz danach ihren Hut nehmen. Es darf über die Gründe spekuliert werden. Dummerweise sind die Bürger, die sich am Prozess beteiligten, nicht alle ausgewandert und nervten weiter mit Vorschlägen. Ganz schlimm dieses Pack, welches man als Kulturschaffende bezeichnet.

Es gab eine sogenannte Lenkungsgruppe, in die ich für die Kultur berufen wurde. Da ich aber, wie eben schon bemerkt, höchstens Schreiberling, ganz sicher aber nur Pille-Palle Schallplattenhändler bin und nur ganz zufällig etwas über Musik, Veranstaltungswesen und dergleichen weiß, sowie viel Zeit damit verbringe in der Hängematte zu liegen, dachte ich mir, ich hole jemand in diese Lenkungsgruppe der tatsächlich etwas von städtebaulichen Entwicklungsfragen versteht und überdies bereits viele Kommunen bei Kulturprojekten beraten hat. Und außerdem einiges weiß über Fördermöglichkeiten auf Landes-und Bundesebene. Kann ja nicht schaden, wenn man ab und zu mal einen Profi befragt.

Dieser Profi heißt Wolfgang Hauck und er begann sogleich mit dem was man in so einer Situation wohl am besten macht, nämlich mit einer qualifizierten Bedarfserhebung unter den Landsberger Kulturschaffenden. Denn wenn neu gebaut wird, ist es sicher nicht verkehrt darüber nachzudenken, was die Stadt denn tatsächlich braucht, außer Supermarkt und Kindergarten. Soll ja urban sein, hieß es! Nun kam bei dieser Erhebung etwas heraus, was man in Landsberg auch erahnen könnte, wenn man keine Erhebung gemacht hätte. Landsberg könnte einen neuen Saal für verschiedene Veranstaltungsformate (u.a. auch Konzerte, ja gerade auch Pop und Rockkonzerte) gut gebrauchen. Dieser Saal sollte größer als das Stadttheater und kleiner als das Sportzentrum sein und möglichst zentrumsnah liegen, sowie für ca 600-800 Besuchern Platz bieten.

Diese Erhebung wurde bei der Stadt eingereicht und löste sofort ein heftiges "auweia" im Bauchgefühl aus. Die Stadt beauftragte daraufhin ein unabhängiges Unternehmen, spezialisiert auf Bedarfserhebungen im kulturellen Bereich. Im Gegensatz zum Papier der Landsberger Kulturschaffenden (inkl Herrn Hauck) wurde diese Arbeit bezahlt. Dagegen ist natürlich nichts einzuwenden. Das Ergebnis von FranKonzept (so heißt diese Firma) kam zum nahezu identischen Ergebnis wie die Erhebung unter den Landsberger Künstlern und Kulturschaffenden. Einiges ging weit darüber hinaus. Aber davon will ich nicht auch noch anfangen.

Kurz gesagt, hätte die Stadt auf dieser Basis, ausgestattet mit einer Vision mit dem Investor gut verhandelt und wäre willens gewesen die Dinge auch voran zu treiben, dann könnte man sich nun bald auf ein Kulturquartier, z.B.auf ein Kulturzentrum a la Muffathalle oder dem Forum Fürstenfeld freuen. Oder auch auf ein Museum oder Dokumentationszentrum mit angeschlossenen Veranstaltungsräumen oder dergleichen. Stattdessen Überforderung an allen Ecken und Enden! Aber viel Bauchgefühl!

Somit kam es zur bayrischsten aller Fragen, quasi die Frage aller Fragen: "Braucht's des?" ...und auf "Braucht's des?" gibt es immer nur eine Antwort: "Na, g'wies ned!".

Damit's des aber gwies ned braucht wurden Fragen nach der Wirtschaftlichkeit aufgeworfen. Was interessant ist, denn Fragen nach der Wirtschaftlichkeit der Wohnungen, der Supermärkte, oder des Hotels an dieser Stelle werden weniger gestellt. Ist ja klar. Kultur rechnet sich sowieso nicht. Stimmt auch oft, gesellschaftlich gesehen jedenfalls nicht immer kurzfristig, das ist so ähnlich wie bei einem Kreisverkehr! Dabei wäre die Stadt zu keinem Zeitpunkt in der Pflicht gewesen für Kosten des Baus oder des Betriebs aufzukommen. Man hätte bei zielgeführter Verhandlung schlicht ein Gebäude bekommen können, welches die Voraussetzung zur Nutzung im Sinne der Bedarfserhebung gewährleistet. In welcher Form sich die Stadt dann daran beteiligt, anschiebt oder unterstützt, war nicht mal im Ansatz Thema! Stattdessen Querschüsse, Nebelkerzen, Ahnungslosigkeit! Und der Investor? Na was wohl? Schaut, dass er möglichst hohe kurzfristige Quadratmeterrentabiltät herausholt. Dafür kann man ihn nicht schelten... Trotzdem wären E+K bereit gewesen viel zu investieren und auch in Vorleistung zu gehen.

Man stelle sich also vor, es gäbe am Papierbach ein Kulturzentrum, fußläufig erreichbar für viele Landsberger Menschen. Für fast alle mit dem Fahrrad. Bushaltestelle und Bahnhof in der Nähe. Und bei der anvisierten Besucherzahl und der Nähe der Parkmöglichkeiten (Waitzinger Wiese, Inselbad durch neuen Lechsteg verbunden) wäre sicher auch kein Parkkollaps zu erwarten, selbst wenn ein Großteil mit dem Auto käme. Ein neues Verkehrskonzept angesichts des neuen Wohnraumes muss überdies ohnehin her.

Mit einem guten und attraktiven Programm wäre dieser Ort aussichtsreiches Kulturziel für Menschen aus dem Landkreis und aller benachbarten Landkreise. Gastronomie, Hotellerie, Einzelhandel würden profitieren. Vom durch Besucher ausgegebenem Geld würde die Stadt direkt und indirekt Einnahmen generieren.

Aber trotz reichlich Gutachten wußte man nicht, was man wollen soll. Einen Saal für Konzerte? Ja, aber bitte nicht zu viel davon und nicht zu hoch. 4,5m Raumhöhe muss reichen für professionelle Konzerte oder anders gesagt, eine Gitarre soll's schon sein, aber bitte nur mit drei Saiten... Politisch unterstützt wurden die Kulturschaffenden von Anfang an nur halbherzig. Ein echtes Zuckerl ist die Aussage des Kulturreferenten Flörke, dass so ein Veranstaltungsraum ja ohnehin viel besser in Penzing aufgehoben sei, nicht zuletzt wegen der besseren Verkehrsanbindung. Ich habe darüber nachgedacht und bin dem besseren Argument erlegen. Tatsächlich erreicht man Penzing aus der Katharinenvorstadt zwar eher nicht zu Fuß oder mit dem Fahrrad, aber durch Flugplatz und Hubschrauberlandeplatz eröffnen sich dort ungeahnte neue Möglichkeiten. Ich finde, man sollte auch darüber nachdenken, ob nicht auch andere Landsberger Einrichtungen in Penzing besser aufgehoben wären. Ich denke da ans Rathaus, das Inselbad oder die Stadtpfarrkirche. Eigentlich alles, außer dem Kochlöffel. Der muss bleiben, wo er ist. Das ist Gesetz!

So ist es nur recht und billig, wenn die Frage nach "Braucht's des?" endlich beantwortet wird und zwar von denjenigen, die nun die Entscheidung zu treffen haben. Sie tun mir ehrlich gesagt ein wenig leid und das meine ich gar nicht hämisch. Denn die jetzige Stadtführung ist eine andere als vor 6 Jahren und die Sache ist gelaufen. Die Chancen wurden längst schon verpasst!

Aber macht ja nichts. Kommt halt jetzt ein Hotel mit großem Frühstücksraum. Auch nicht schlecht. Und ob seit COVID-19 überhaupt irgendwann wieder Veranstaltungen wie Konzerte möglich sein werden, weiß auch kein Schwein.

Wir sehen uns dann jedenfalls 2035 in Penzing. Ich fliege von Memmingen aus!